Wednesday, November 2, 2011

Odaiba und Puppen aller Art

Odaiba ist eine Ufernahe Insel in der Bucht von Tokyo. Der Ausflug lohnt sich nur schon der atemberaubenden Perspektiven wegen, die sich vom Monorail aus ergeben. Die Insel ist geprägt von riesigen futuristischen Gebäude und einer für Tokyo ungewohnt grosszügigen Raumnutzung.


Es ist wohl kein Zufall, das auf Odaiba das Museum für Zukunftsforschung und Innovation liegt. Ich war an einem Samstag dort. Für die gut besuchte Motorsportmesse interessierte ich mich nicht sonderlich, sonder lief zielstrebig in Richtung des Museums. Ich wählte den direktesten Weg durch das International Exchange Center. Durch eine Passage sah ich etwas, das ich zunächst für eine private Party hielt. Ich stand schon fast vor dem Museum, doch irgendetwas war da hinter dem Exchange Center los. Nix wie hin. Eine grosse Wiese mit hohem Gras und wilden Blumen! Das dumpfe Geheul der Sportwagen, die hinter den Zäunen ihre runden drehten, passte nicht wirklich dazu, liess sich aber leicht ausblenden. In der Wiese standen Eltern mit ihren Kindern und pflückten Blumen. Impressionismus pur. Es handelte sich um ein Projekt namens "Wild Flower" und es war gerade das Wochenende, an dem die Früchte des Projekts geerntet werden durften. Für's Blumenpflücken zahlte man ein paar (hundert) Yen, bekam eine Schere ausgehändigt. Ich habe zwar keine Blumen gepflückt, aber ein Säcklein mit Nelkensamen hae ich nach Hause genommen. Und da sind wir wieder beim Thema japanische Verpackung.


Gleich daneben, vor und im International Exchange Center, fand ein ganz anderes Event statt. Ein Cosupure-Event! Die Mädchen in Akihabara, die damit Geld verdienen, den ganzen Tag verkleidet auf der Strasse Passanten anzusprechen, tun mir leid. Aber so ein Cosupure-Event, das ist was ganz anderes. Die Leute, die sich da als Manga- oder Animefiguren verkleiden, betreiben das als Hobby und haben offensichtlich Spass am Verkleiden und Posieren. Wer Fotos machen will, zahlt dafür eine Pauschalgebühr von etwa 20 Franken. Ausgerechnet an diesem Tag hatte ich meinen Fotoapparat zuhause liegen lassen - es ärgert mich jetzt noch!

Immerhin habe ich so schliesslich doch noch den Weg ins Miraikan gefunden. Interessant ist das Museum vor allem darum, weil es einem westlichen Besucher vor Augen führt, dass Technik in Japan nicht so sehr als Gegensatz zur Natur betrachtet wird sondern als Ergänzung. Ein sprechendes Beispiel dafür ist ein Animationsfilmchen zum Thema Ressourcen und Umwelt gezeigt wird. Es wird davon berichtet, dass japanische Forscher Pflanzen züchten wollen, die Plastik herstellen können. Was für eine verführerische Vorstellung. Welcome to Plastic Planet!

Da wir grad beim Thema Plastik sind, sei mir ein kurzer Exkurs gestattet. Ein Museum (na ja, ich gebe zu, eigentlich ist es ein Shop), wieder mal in Akihabara. Hyper Collectors Shop Toys Golden Age. Ein toller Name, nicht? Keine Homepage. Aber ein Vintage-Shop so voller Figürchen aus Filmen, Manga und Anime aus der guten alten Zeit (70-er, 80er- 90er-Jahre), dass es den meisten Japanern wohl schwerfallen dürfte, an diesem Laden achtlos vorüberzugehen, sind sie doch mit diesen Figuren aufgewachsen. Na ja, vielleicht haben sie sie ja inzwischen auch im Schrein betend verbrennen lassen und vergessen, so wie das bei mir in der Nähe übermorgen wieder geschieht. Leider habe ich da schon eine Verabredung, sonst hätte ich die mehrstündige Puppenabdankung gerne miterlebt. Aber vielleicht gehen sie doch achtlos an dem verlorenen Paradies vorüber, weil die Puppen in Akihabara ja auch lebend zu bestaunen sind.


Ende Exkurs. In einer Ecke im Miraikan findet man eine Ausstellung zum Thema Device Art. Dazu gibt es noch nicht mal in Wikipedia eine Erklärung. Na ja, es geht darum, dass Alltagsgegenstände der eigentliche Kunstgegenstand sind. Der Ausstellungsraum ist dem Innern eines Teehauses nachempfunden. Nebst einer sehenswerten Tarnkappe, gibt es einen Teekessel, auf dem Augen sind, die sich öffnen und schliessen. Die Augen können auf ein beliebiges Objekt gepflanzt werden.



Vielleicht sind wir damit schon wieder im Exkurs. Denn sobald etwas ein Gesicht hat, so erklärte es mir mein Gastgeber, kann man es nicht einfach wegwerfen. Nur weiss ich noch nicht recht, was ich mit dieser Information anfangen soll.


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